Lange Zeit war die Rehabilitation das Stiefkind der Gesundheitspolitik. Reha-Einrichtungen, verordnende Ärzte und nicht zuletzt die Patienten – sie alle kämpfen tagtäglich gegen eine Antragswut, unbegründete, intransparente Ablehnungen von Reha-Anträgen und eine zu geringe Vergütung der Reha-Maßnahmen.
Nun haben sich verschiedene Rehabilitationseinrichtungen zusammengeschlossen, um mehr Aufmerksamkeit auf die Rehabilitation zu lenken und die Bedingungen zu verbessern. Daraus ist die Kampagne „Reha. Macht’s besser.“ entstanden. Mehr als 250 Reha-Einrichtungen, der Bundesverband Deutscher Privatkliniken e. V. und der Arbeitskreis Gesundheit unterstützen die Kampagne zur Stärkung der Rehabilitation. Mit einer Kampagnen-Website sowie über Facebook und Twitter soll vor allem die Politik aber auch eine breite Öffentlichkeit für das Thema sensibilisiert werden. „Der Preiskampf muss beendet werden und die Qualität muss als Wettbewerbsindikator in den Fokus rücken“, sagt Geschäftsführer und Kurdirektor Dr. Norbert Hemken. „Wir unterstützen die Kampagne mit vollem Einsatz und werden gemeinsam durch die Bündelung unserer Kräfte Gehör finden.“
Im Gespräch mit Marc Wergin, Leiter Therapie Ambulante Reha
Marc Wergin: Tagsüber umfassende und individuelle Reha-Maßnahmen, abends zuhause sein und im eigenen Bett schlafen: Der Aufenthalt in einer vertrauten Umgebung kann den Genesungsprozess fördern. Die wohnortnahe Behandlung ist deshalb sicherlich der größte Vorteil einer ambulanten Rehabilitation. Die Patienten können sich neben der Reha weiterhin um ihre häuslichen und familiären Angelegenheiten kümmern oder auch ihre sozialen Kontakte pflegen - man wird also nicht völlig aus dem eigenen Alltag herausgerissen.
Ein weiterer Vorteil ist, dass Familienangehörige oder Bezugspersonen, je nach Bedarf, in verschiedene Therapiemaßnahmen mit einbezogen werden können. Nach der Reha kann somit auch zu Hause gemeinsam weiter erfolgreich an der eigenen Gesundheit gearbeitet werden.
Zusätzlich können Gespräche mit Arbeitskollegen oder Vorgesetzten zum beruflichen Wiedereinstieg von unseren Therapeuten begleitet werden. Die Integration dieses Personenkreises geschieht natürlich nur dann, wenn die Patienten dies wünschen und es für den Behandlungserfolg von unseren Therapeuten als sinnvoll erachtet wird. Mein Tipp: Die Patienten sollten sich schon während ihrer ambulanten Rehabilitation das wohnortnahe Behandlungsnetz ausbauen – dazu gehören private, sportliche und kreative Aktivitäten oder auch Kontakte zu Selbsthilfegruppen.
Als ambulante Einrichtung vor Ort haben wir außerdem sehr gute Möglichkeiten, uns mit dem Hausarzt sowie Fachärzten des Patienten kurzzuschließen und ein Nachsorgeprogramm zur Festigung der Therapieerfolge anzubieten.
Marc Wergin: Die Ambulante-Reha im Reha-Zentrum am Meer ist mit einem weitreichenden Hygienekonzept und der Gebäudetrennung von ambulanten und stationären Patienten sehr gut auf die neuen Anforderungen eingestellt. Die Patientensicherheit hat oberste Priorität. Es ist unsere Aufgabe, dass wir uns nach den Hygienemaßnahmen des Robert-Koch-Instituts (RKI) richten, um den Infektionsschutz beim Aufenthalt in der Klinik und bei den Behandlungen zu gewährleisten.
Grundsätzlich ist ein Mund-Nasen-Schutz in allen Einrichtungen Pflicht. Des Weiteren rufen wir zur verstärkten Handhygiene auf, erinnern immer wieder an den nötigen Abstand und lassen Ausflüge und größere Veranstaltungen ausfallen. Mit kleinen Gruppen, Trainings im Freien und der zusätzlichen Freischaltung von Räumen, bieten wir unser komplettes Angebot an. Damit ist die Qualität nach wie vor gesichert – oft durch die kleineren Gruppen noch individueller.
Marc Wergin: Unsere Ärzte und Physiotherapeuten erstellen einen individuell auf den Patienten zugeschnittenen Behandlungsplan. Dieser Plan wird von unseren Therapeuten regelmäßig überprüft und wenn nötig angepasst. Ausschlaggebend für den Erfolg der Therapie ist die aktive und eigenverantwortliche Mitarbeit des Patienten. Dazu werden zu Beginn der Behandlung gemeinsame Ziele mit dem Therapeuten formuliert.
Den Rehabilitationszeitraum in der Ambulanten-Reha als „Auszeit“ zu verstehen, trifft es meiner Meinung nach sehr gut. Die Freiheit nutzen, drei oder vier Wochen lang nur für sich selbst Zeit zu haben – das ist ein Luxus, den viele im Alltag nicht kennen und den richtigen Umgang damit oft auch erst lernen müssen!
Natürlich spielt der Kontakt zu Gleichgesinnten eine große Rolle: Es schweißt definitiv zusammen, wenn man beispielsweise zusammen mit anderen das Gehen mit neuem Gelenk übt oder bei chronischen Wirbelsäulenschmerzen durch gemeinsame Koordinationsübungen und ergotherapeutische Schulungen Besserung spürt. Und das Schöne: Die Wohnortnähe der Patienten in der ambulanten Reha ist gesichert. Man kann sich mit den neuen Freunden damit auch nach der Reha spontan zum Sport im Kurpark in Bad Zwischenahn treffen und die Freundschaften pflegen.
Der Bundesrat hat auf Initiative des Bundeslandes Baden-Württemberg am 29. November 2019 beschlossen, die medizinische Rehabilitation zu stärken und hebt dabei folgende besonders drängende Punkte hervor, die verbessert werden sollen: Eine bessere Vergütung, die gesetzlich verankert werden soll, eine Beteiligung der Pflegeversicherung an den Kosten der geriatrischen Rehabilitation, die Gleichstellung von stationären und ambulanten Rehabilitationskliniken bei den Apothekenversorgungsverträgen sowie ein verbesserter Reha-Zugang.
„Der Entwurf für ein Reha- und Intensivpflegestärkungsgesetz (RISG) im Sommer war ein erster Schritt zur Stärkung der Rehabilitation. Die Unterstützung des Bundesrats ist ein weiterer. Nun hoffen wir, dass den Worten auch Taten folgen und das Kabinett den sehnlichst erwarteten Gesetzesentwurf noch in diesem Jahr beschließt“, so Thomas Bublitz, Hauptgeschäftsführer des Bundesverband Deutscher Privatkliniken e.V. (BDPK). „Des Weiteren fordern wir dazu auf, die vom Bundesrat aufgerufene Aufhebung der Trennung von Kranken- und Pflegeversicherung umzusetzen.“